EIN HALBES KOeNIGREICH FUeR EIN SELTSAMES PFERD !

Es ist kein Platz fuer akademische Studien und Chronologien in dieser Atmosphaere des tragikomischen und wilden Bordells, das in den weiten Gebiete Eurasiens so unerwartet aus dem Schlaf erwacht ist; ein Gebiet, fuer das ich keine andere Bezeichnung als die der Vereinigten Piratischen Emirate finden kann. Nicht, weil es uns an Zeit mangelt, obwohl es uns daran auch mangelt. Sondern weil die Bedeutung von "Akademismus" - als Referenzpunkt fuer Forschung und Reflektion ueber Kultur - endgueltig verlorengegangen ist. Ich ersetze diesen Verlust mit einem gehoerigen Schuss "Bachtinismus" - d.h. mit archetypischem Optimismus - , der den Tod als Ausgangspunkt fuer die neue Reise des Menschen betrachtet.

Deswegen wird mein Bericht ueber russische Videokunst fern von jedem Akademismus sein - ich werde nur solche Punkte streifen, die etwas mit Abbrechen, Wegrennen, Umwegen, Zerstoerung und Spott ueber die Dinge, die man hinter sich gelassen hat, zu tun haben... Hinter sich gelassen nicht im politischen Sinn, sondern im kulturellen (an erster Stelle in der audio-visuellen Kultur); wie ein Haus, aus dem alle Bewohner ausgezogen sind. Fuer alle oben genannten Punkte sind die verschiedenen Formen der Verfremdung (ostranenie) der sozialen Realitaet grundlegende Herangehensweisen des kreativen Individuums an seine Umgebung.

So ist auch die Videokunst in ihren Urspruengen ein Mittel zum Aufzeichnen des Auftauchens individueller audiovisueller Handfertigkeit; die Moeglichkeit, ein gewissermassen neopalaeontologisches audiovisuelles Produkt zu schaffen - mit dem Ziel, es nicht dem Nachbarn zu verkaufen, sondern es ihm zu zeigen, sich auf die haarige Brust zu schlagen und zu rufen: "Das bin ich!" Das ist so, weil Videokunst eher mit dem arroganten Rueckzug des Video-Neanderthalers von den vom kinematographischen Pithecantropus hinterlassenen Dingen verbunden ist als mit dem wirklichen Fortschritt, den eine Etablierung einer Sozialkultur unter Neanderthalern bedeuten wuerde. Videokunst assoziiert man eher mit dem "freudigem Leben auf dem Muellhaufen", als mit der angestrengten Kultivierung einer neuen Realitaet aus einer frischen Retorte. Und wenn sich erst einmal ihr Selbstbewusstsein sowie eine ansehnliche Menge von Videotexten geformt haben, zerfaellt die Videokunst in eine Reihe von unabhaengigen audiovisuellen Phaenomenen, die aus ihrem primitivistischen (jedoch nicht primitiven) Leichnam wachsen.

Die erste Frage, die uns interessiert, ist: von woher kamen die sowjetischen Videokuenstler auf diesen "Video-Muellhaufen" gekrochen?

Es ist sehr wichtig zu betonen, dass sie weder aus der professionellen Film-, noch aus der Fernsehbranche kamen, wie uns dies vielleicht die "lineare" Geschichte der Kultur suggerieren koennte. Die taeuschende Aehnlichkeit zwischen Video und Film, die niedrigen Kosten von Videoinnovationen und das "aelterer-Bruder-" Syndrom sind zur Hauptschranke geworden und haben eine Kluft zwischen diesen beiden Phaenomenen geschaffen. Es waren es die subkulturelle Theateravantgarde, verrueckte Amateurfilmer und - photographen usw. - die die Videokamera wie eine neue Droge oder eine neue Sexualpraktik auszuprobieren begannen. Jedenfalls unterscheiden sich die Urspruenge unserer Videokunst (wie viele andere Dinge auch) nicht von denen der restlichen Welt.

So, wie die kinematographische Fixierung der Welt ein primaeres Genre fuer die Lumieres war, ist die Videofixierung einer fremden Welt - naemlich die des subkulturellen Undergrounds und der Boheme - ein primaeres Genre der Videokunst geworden. Aber der beiden Phaenomenen innewohnende "Effekt der Verdoppelung" entwickelte entgegengesetzte Reaktionen: waehrend die wirkliche Welt von der kinematographischen Fixierung eine praezise Dokumentation verlangte, verlangte die fremde Welt des Underground eine extrem verzerrende Spiegelung von der Videokunst, verlangte die Exponentierung ihrer Andersartigkeit als ihrer grundlegenden Realitaet.

Die paradoxe Konzeption der "Fixierung der Phantasie", des Dokumentierens einer Aktion als einer zeitgenoessischen Strassenerzaehlung ("schmutzig" im eigentlichen Sinn des Wortes) beeinflussten sowohl die fruehen Videoarbeiten der 80'er Jahre (Boris Yukhananov 1985-86, Moskau; Experimente von Igor Plekhov 1986, Tomsk; u.a.) als auch das Auftauchen des modernen Bohemien- Kreises der Videokuenstler. So die Projekte der ARTOLOGICAL GARDEN Gruppe: "Plantings of Colombian Coffee" (Februar 1992), "New Russian Crying" (Maerz 1992); Videofixierungen von Georgy Gusarov usw. Die NORTH Gruppe der Unabhaengigen Akademie benannte die Videofixierung ihrer Aktion nach dieser Tendenz - "A Transparent Fixator" (1991). Und Jurij Lesnik erklaert uns in seiner Videoarbeit "Project: Topology in Sculpture" (1993), wie die von ihm geschaffenen skulpturalen Formen herausgearbeitet werden koennen, indem man das Innere von gewoehnlichen Kuechenschwaemmen nach aussen dreht (eine tolldreiste Parodie auf den Lehrvideofilm!).

Gegen den Hintergrund der, lassen Sie mich sagen, "Videonaivitaet" der 80'er Jahre, die bis in die 90'er hineinreicht, hebt sich die Persoenlichkeit von Boris Yukhananov, Theaterproduzent und Buehnenmanager, am deutlichsten ab. Er studierte Theater in den Meisterklassen zweier herausragender Theaterregisseure unserer Zeit: Anatolij Efros und Anatolij Vasiliev. Man kann fast sagen, dass Yukhananov fuer die staendig kochende Kraftbruehe des subkulturellen Undergrounds wie geschaffen war, eine Bruehe, in der die Ueberreste der 10 Musen gekocht haben muessen; denn er kombiniert einen wuetenden und fast selbstzerstoererischen Grad von lebendiger Beteiligung in jedwede Lebenssituation mit den endlosen Farcen und der Falschheit des Bohemekreises, einen entschiedenen Professionalismus mit den Phantasien von Neureichen, eine tiefgehende Analyse des kuenstlerischen Textes mit einem intellektuellen Delirium, das sich hart am Rande geistiger Epilepsie bewegt. Yukhananov ist ein grundlegender Mythos des sowjetischen Undergrounds und innerhalb dieses Mythos ist er Kronos, der aus der Ehe des Allmaechtigen Zeus mit einer um sich tretenden Ziege hervorgegangen ist (das ist die verzerrte Mythologie der Kellerbewohner...!). Seine Theorien ueber "Video- Karate" und "Video-Matrix", seine Serien von "Video-Variationen" und "Langsam-Video" usw.; seine vielstuendigen Videofixierungen, deren erschoepfende Quantitaet manchmal die wunderbare Frische des zweiten Videowindes entwickeln; seine Versuche, Theater ins Video zu zwaengen oder Video auf die Theater- und Ausstellungsbuehne zu hieven, seine Faehigkeit, einen unglaublichen sozialen und kulturellen Mix aus all diesen Dingen und den Menschen zu machen, die in diese Muellmaschine geraten sind - diese Dinge ueberzeugen uns, dass Bob Yukhananov einen gesamten Absatz unserer kurzen Abhandlung verdient.

Mehr als das: er interessiert sich heftigst fuer die Verwicklungen kreativer und sexueller Kontakte eines jeden, der sich an einem unstabilen Punkt des Lebens befindet, der seinen vertrauten Platz verlassen hat und der aus seinem Nest gefallen ist. Genau diese Faehigkeit hat Bob zu einem aussergewoehnlichen Guru der russischen Untergrundkultur gemacht. Und schon jetzt kann man ein Dutzend junger Kuenstler als seine Schueler bezeichnen.

Nach "Private Residence" (1986) machte er 1987 "Game of Ho", das zum ersten Kapitel der seltsamen Videoerzaehlung des "Verrueckten Prinzen" wurde. Mit dem Beginn der Arbeiten fuer das grosse Projekt "The Garden" (1990) verliess Yukhananov das Gebiet der Videokunst, um seine Aufmerksamkeit auf die sozialen und kulturellen Funktionen von Videofixierungen und auf eine raffiniertere Interaktion zwischen Theater und Video usw. zu richten. Was wird das Ergebnis von mehreren hundert Stunden (ohne Uebertreibung!) Videomaterial sein, das Bob gesammelt hat? Das weiss niemand...

So gab das Theater Bob Yukhananov der Videokunst. Allerdings gab unsere Kriegsindustrie der Videokunst auch etwas. Die vorherrschende Vorliebe fuer computergenerierte Werbeclips, die durch das punktuelle Auftauchen von geeigneter Hard- und Software gefoerdert wurde, hat als ganzes nicht die Entstehung von kuenstlerischen und experimentellen Arbeiten im Bereich der elektronischen Videokunst vorangebracht. Ueberraschenderweise begannen Leute in der Computer- und Technikbranche sich kuenstlerisch zu betaetigen und somit aktiv ihre angestammten Arbeitsbereiche zu veraendern. Aber ungluecklicherweise gingen ihre Ambitionen nicht ueber den Wunsch hinaus, banale Computerwerbefilme zu produzieren. Jedoch kamen die ersten unerwartet frischen individuellen Kunstwerke im Bereich der elektronischen Kunst aus der Ruestungsindustrie. Boris Mazurok, ein Programmierer, der schon eine Reihe von Animationsfilmen gemacht hatte, machte 1989 mit Hilfe des Computersystems "Albatros" (Designer: Boris Dolgovesov) den einminuetigen Computeranimationsfilm "The Invitation to Space". Sein naechster Film "The Shadow" (1991) gewann 1991 einen Preis auf der Ars Electronica. 1993 nahmen zwei andere russische Computerfilme im Wettbewerbsprogramm der Ars Electronoca teil - "Aquarium" von Vladimir Kobrin (wir kommen spaeter auf ihn zurueck) und Andrei Topunov (Programmierer) und das Demotape "Create" von Anton Petrov und Natalia Khalikavka.

Ganz zuletzt wandten sich Kuenstler dem Video zu. Video interessierte sie vor allem als ein Instrument, das einerseits neue Moeglichkeiten eroeffnete fuer ein Spiel mit altem Material und andererseits an sich ein neues Material zum Spielen war. Das russische Video, das zum groessten Teil nur mit den einfachsten Mitteln ausgestattet war, entwickelte sich in Richtung der erstgenannten Tendenz, d.h. es entwickelte hauptsaechlich eine "Haltung zu..". Um so mehr, als dieses Grundparadigma der Pop Art heute zu einer der Hauptformen des kuenstlerischen Selbstausdrucks in den Kuensten geworden ist. Bob Yukhananov fand einen sehr genauen und witzigen Namen fuer diese Tendenz der "Haltung zu...": "extrem parasitierend". Eine der besten Arbeiten der russischen Videokunst wurde genau in dieser Ideologie gemacht. Es ist "A Sky Slow-Mover - 2" (1991) von Sergei Shutov. Er benutzte Filmmaterial des mit vielen Filmstars jener Zeit besetzten Nachkriegsmusicals "A Sky Slow-Mover" (1945). Shutov bearbeitete sowohl den Ton als auch die Bilder mit Hilfe eines Computers und gab so dem alten Filmmaterial neue Zuege.

Die Verfremdung schon existierenden Filmmaterials ist eine typische Eigenschaft sowohl des avantgardistischen Videoclips "Fenso Lights" (1993) der Gruppe "Fenso" als auch von "Sensual Experiments" (1992, Teil einer Videoinstallation), der neuesten Arbeit von Sergei Shutov. In dieser Arbeit werden die Bilder eines Pornofilms westlicher Produktion zu einem raffinierten graphischen Bild vage erkennbarer Konturen aufgeloest und mit echten Liebesbriefen eines sowjetischen Maedchens kombiniert. Kuenstler naehern sich dem Video mit Vorsicht. Einige Beispiele sind die dramatischen Arbeiten "Shades of Leaving" (1992, Musik von Brian Inn) von George Samsonov und das Video "Exprolatory Laboratory H3" (1992) von Olga Tobreluts, in welchem High-Tech Video (die Arbeit wurde in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fernsehen realisiert) es der Kuenstlerin leider nicht gestattete, sich sehr weit von einer reinen Videoaufzeichnung ihrer Aktion zu entfernen.

Ich habe schon erwaehnt, dass die Mitarbeiter des Sowjetischen Fernsehens - also Leute, die in der Welt des professionellen Equipments leben - sich weiterhin in den alten, vom Fernsehen gepraegten Vorstellungen bewegen und wahrscheinlich noch immer auf einen Befehl warten, um sich auf die Videokunst zu stuerzen. Es gibt aber auch erfreuliche Ausnahmen. Zum Beispiel den Fernsehregisseur Konstantin Ernst ("Matador" Programm), der eine Hang zu "grossem Kino" hat und in seinen Programmen eine Mischung aus ueppig ausgestatteten und professionell gemachten Videoarbeiten zusammenstellt. Oder den jungen Videofilmregisseur Aleksandr Kuprin, der vorsichtige - aber wirkungsvolle Verfremdungseffekte in den traditionellen Dokumentarfilm einfliessen laesst ("Fairy", 1992; "The Island", 1992).

Aber das Fernsehen spielte unerwarteterweise noch eine andere Rolle fuer die russische Videokunst - die Rolle einer Stilform und eines audiovisuellen Stereotypus, der zum Auftauchen solch eines amuesierend/schockierenden Phaenomens wie des "Pirate Television" beitrug (eine Serie von Videoarbeiten von Yuris Lesnik und Vladimir Mamyshev, 1991/92). Eine gewollte nicht-professionelle Atmosphaere und betonte Anklaenge an Homosexualitaet - unterbrochen von Fragmenten offizieller TV-Realitaet schufen ein Genre welches ich hier als "ein TV-Irrenhaus" bezeichnen wuerde, das nicht nur auf die Form, sondern auch auf die Essenz des Fernsehens spuckte. Man fuehlt, dass Yuris Lesnik sein Fernsehen mit grossem Vergnuegen spielte. Aber - oh! und ach! - "Pirate Television" ist ein einheimisches Phaenomen und kann in keiner Weise uebersetzt werden. Diese Tatsache zeigt seinen grossen - und vielleicht seinen Haupt- Verdienst: es war offensichtlich "fuer zuhause, fuer die Familie" gemacht, nicht fuer internationale Festivals.

Und was ist mit der professionellen Filmbranche? Sie ist voller interessanter Dinge, aber alles Interessante verhaelt sich Video gegenueber voellig indifferent. Es gibt jedoch im Filmbereich eine einzige marginale Persoenlichkeit, Vladimir Kobrin, ein Meister des experimentellen Films, dessen Filme in den letzten Jahren auf vielen westlichen Festivals gezeigt worden sind. Und mit einem Mal zog sich dieser Meister des Films aus dem 35mm Bereich zurueck, investierte in ein halbprofessionelles Video-Computerstudio und... begann, sich mit Videokunst zu beschaeftigen. "The First Apocrypha" (1993) ist sein erstes Video-Computer Opus (ich werde nicht naeher darauf eingehen, da ich selbst Produzent und Co-Autor des Projektes bin). Die von Kobrin gegruendete "Schule des Trickfilms" vereint eine akademische Filmausbildung mit dem Versuch, junge Regisseure zu ermutigen, sich "in Ruinen frei zu fuehlen". Die interessantesten Videoarbeiten einiger Studenten dieser Schule sind "Bolero (A Non-Existent Word)" (1993) von Oleg Dobrynin; "Clearing of Kabul" (1992) von Zhavakhir Kabulov und zwei Computerarbeiten von Vladimir Koshkin - "Spongers of Brain" (1993) und "Text... Currents of Love to Death in Fucking Electricity" (1993).

Seltsame Beziehungen sind zwischen Video und dem "Parallelen Kino" entstanden, einer Gruppe junger avantgardistischer Amateurfilmer (Igor und Gleb Aleinikov, Evgeny Yufit, Evgeny Kondratiev, Piotr Pospelov, Oleg Kotelikov), die in der zweiten Haelfte der 80'er Jahre in professionellen sowjetischen Filmkreisen in Mode war. Diese jungen Maenner strebten so intensiv nach einem ihnen lange Zeit verwehrten "groesseren Kino", dass sie, nachdem sie sich in seiner naeheren Umgebung befanden, unfaehig waren, Film gegen Video auszutauschen. Und ich halte an dieser Stelle auch nur zwei Videoarbeiten fuer erwaehenenswert: "Mirages" (1981) von den Aleinikovs und "An Aria with Handbells" von P. Pospelov. Aber selbst diese Arbeiten rufen den Eindruck hervor, dass es fuer die "Parallelen Filmemacher" keinen Unterschied macht, ob sie eine Videokamera oder eine Filmkamera in den Haenden halten. Ihre Arbeiten entstehen aus etwas, das nichts mit einem "Bildschirm" zu tun hat. Wahrscheinlich aus dem unbaendigen Beduerfnis heraus, etwas auf alle Kosten unueblich, exzeptionell und fremd zu machen. Aber das Phaenomen der Verfremdung widersetzt sich der kuenstlichen Orientierung des Autors; es ist immer ein Produkt einer ueberraschten Wahrnehmung.

Zurueck zu den "parallelen Filmemachern" moechte ich mit ein wenig Trauer noch das Verschwinden der leicht naiven - aber konzeptuellen - Videos von Vadim Drapkin (Sankt Petersburg) anmerken, dessen Kunst sich als parallel zum "parallelen Kino" definierte.

Nun sind wir nicht mehr so weit vom Ende der Geschichte ueber die russische Videokunst entfernt. Ich glaube, dass ich noch ein paar Worte zum Kontext sagen muss. Es gibt in Russland "Videoass", ein auf Video spezialisiertes Magazin (Chefredakteur: Vladimir Borev), aber es gibt dort keinen Platz fuer experimentelle Videos. Zwei monatliche Fernsehprogramme ("Stille Nr. 9" von der Musikkritikerin Tatiana Didenko und "Die Grosse Reise" von Igor Barbe) richten ihre Aufmerksamkeit mehr und mehr auf die Videokunst und wurden seit ca. einem Jahr ausgestrahlt. Und Igor Shutov oeffnete vor nicht allzu langer Zeit das Institut fuer kuenstlerische Technologien. Zusammen mit V. Kobrin entwickle ich das Konzept fuer eine Schule Neuer Bildschirmtechnologien. Wir entwicklen uns, zwar langsam, aber...

In Anbetracht des duerftigen Panoramas der russischen Videokunst begreift man, dass das gegenwaertige technisch niedrige Niveau - also das "Sein" der Videokuenstler - ihr "Bewusstsein" bestimmt. Wegen dieses extrem niedrigen technischen Levels des verfuegbaren Equipments beschaeftigen sich die meisten russischen Kuenstler nicht mit kuenstlerischen Moeglichkeiten und neuem technisch machbaren Bildmaterial, sondern mit ihrer eigenen Haltung zu schon vorhandenem Bildmaterial. In einer Zeit, in der man ein halbes Koenigreich fuer einen Huf eines bronzenen Pferdes geben wuerde sind Ironie, Parodie, Sarkasmus, ein "sich Lustigmachen ueber heilige Dinge" zu den dominierenden Charakteristiken dieser kuenstlerischen Haltung geworden. All diese Dinge verweisen auf eine charakteristische Wendung in der russischen Videokunst; diese macht wiederum nur einen kleinen Sektor der verschiedenen Arten, die Welt als fremd und unbekannt zu erfahren, aus. Es mag seltsam erscheinen, aber das technologisch niedrige "Sein" der Videokuenstler diktiert "low genres" (M.M. Bachtin) in der Videokunst. So haben wir also eine neue Wendung/Veraenderung entdeckt, diesmal in der Videokunst.

Wer weiss, vielleicht wird es eine aehnliche "Wendung" in der russischen Seele geben.

Und dann wird alles viel ernster...

Anatoly V. Prokhorov

Dr. Anatoly V. Prokhorov